Was tun Sie, wenn Ihr Produkt plötzlich unerwartet kritisiert wird?

Wir haben in der Vergangenheit viele sehr gute Bewertungen von der Zeitschrift Öko-Test bekommen. Und wir beschweren uns bei guten Ergebnissen nicht, dann dürfen wir es auch nicht, wenn es mal anders kommt. Als unser Produkt „PNZ Hartwachsöl“ im Jahr 2014 von Öko-Test bewertet wurde, waren wir vom Ergebnis zunächst sehr überrascht. Öko-Test hat in diesem Test angegeben, kritische Inhaltsstoffe (insbesondere sog. Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz „PAK“) gefunden zu haben und uns aus diesem Grund eine schlechte Bewertung gegeben (die Produktqualität wird von Öko-Test ohnehin nicht beurteilt)… Die gefundenen Werte waren natürlich weit weg von jeglicher Gesundheitsgefahr oder Arbeitsplatzgrenzwerten, aber das Kernproblem war: diese PAK sollten eigentlich gar nicht da sein!


Wir haben uns schon vor vielen Jahren grundsätzliche Gedanken dazu gemacht, wie wir mit unerwarteten Problemen umgehen; das ist Teil sinnvoller Unternehmensführung dazu. Wir haben uns bei unserer Vorgehensweise an einem in der Berufsfliegerei üblichen Ablauf orientiert, der eigentlich für ausserordentliche Flugzustände in niedriger Höhe definiert wurde:

Climb, confess, comply

Oder für uns: Überblick verschaffen, mit allen Beteiligten kommunizieren, prüfen und wo nötig korrigieren.

In unserem Qualitätsmanagement haben wir einen idealtypischen Ablauf dazu definiert und der sieht wie folgt aus:

Unser Ablauf für eine Eventprüfung

Konkret machen wir im Fall eines für uns überraschenden, negativen Ereignisses folgendes:

  1. Wir machen Nachtests: lassen sich die Ergebnisse bestätigen?
  2. Wenn sie sich bestätigen lassen und das Ergebnis relevant ist, ändern wir das Produkt. Wenn sie sich nicht bestätigen lassen, müssen wir die Ursache des Testergebnisses verstehen
  3. Wenn sie sich nicht bestätigen lassen, dann sichern wir die Unbedenklichkeit durch weitere Tests ab
  4. Wenn weitere Tests nicht eindeutig sind, dann formulieren wir das Produkt ebenfalls neu

… aber zu 2014: Damals waren wir alarmiert, hatten aber unsere Prozedur zur Hand, auf die wir uns verlassen konnten und haben natürlich sofort eigene Tests durchgeführt. War hier unter Umständen eine Produktionscharge daneben gegangen? Diese Tests dauern einige Zeit und wir haben ehrlich gesagt gespannt dem Ergebnis entgegengefiebert. Als die Ergebnisse dann auf dem Tisch lagen waren wir umso mehr überrascht: alle Tests waren negativ, keine PAK zu finden, auch nicht in der von Öko-Test untersuchten Charge. Wir waren zugegebenermaßen verwirrt, bis uns ein externes Labor erklärte, dass manche Inhaltsstoffe erst durch die Testmethodik erzeugt werden. Bei gewissen Tests auf bestimmte Inhaltsstoffe wird die Probe stark erwärmt (teilweise bis 450(!) Grad, wen es interessiert, der kann hier einen interessanten Wikipedia-Artikel dazu lesen) und diese künstliche Super-Erwärmung kann Spaltprodukte erzeugen, die im ursprünglichen Produkt nicht enthalten sind und bei bestimmungsgemäßer Lagerung auch nicht auftreten. Je nach Lösemittelart und Bindemittel kann das passieren.

Um ganz sicher zu gehen, haben wir dann unser Hartwachsöl nochmals nach den Zulassungsvorschriften nach Bauprodukte-Gesetz für Neubauten prüfen lassen. Hier werden insbesondere kurz- und langfristige Emissionsmessungen unter kontrollierten Luftbedingungen gemacht. Das Ergebnis auch hier: keine schädlichen Nebeninhaltsstoffe oder Spaltprodukte und unser Hartwachsöl hat seitdem regelmäßig die Zertifizierung erreicht (erkennbar an dem Ü-Zeichen und der Zulassungsnummer Z 157.10-196), zuletzt im Sommer 2018.

Auszug Bauaufsichtliche Zulassung, letzter Stand vom August 2818 (Zwei Eigenmarken geschwärzt)

Die Tests und Unbedenklichkeit für Kinderspielzeug und das Prüfzertifikat für Lebensmitteltauglichkeit hat das Produkt ebenso bestanden. Die Ergebnisse waren eindeutig: das Produkt bleibt also im normalen Entwicklungszyklus.


Solche Umstände werfen aber auch immer eine weitere Frage auf: soll man ein Produkt technisch umformulieren, nur um in Zukunft vielleicht besser bei einem Test abzuschneiden? Was ist der richtige Grund?

Damals haben wir das intern heiß diskutiert, heute haben wir eine klare Antwort dazu: das kommt darauf an!

Alle unsere Produkte werden in regelmäßigen Abständen überprüft und weiterentwickelt (siehe dazu auch unser Artikel „Warum wir mit der Produktentwicklung nie fertig sind“). Die eigentliche Frage ist also nicht, ob wir weiterentwickeln, sondern wann: im normalen Entwicklungszyklus oder außerordentlich?

Bei kritischen, gesundheitsrelevanten Erkenntnissen ist das keine Frage: wir reagieren sofort und konsequent. Aber hier haben alle flankierenden, alternativen Tests ergeben, dass keine Bedenklichkeit vorliegt. Und jedes Produkt ist ja nicht nur durch seine (echten oder vermeintlichen) Inhaltsstoffe definiert, sondern auch durch seine Anwendung und Eigenschaften. Nichts ist gefährlicher, als hektisch Inhaltsstoffe zu ändern und auszutauschen um dann festzustellen, dass jede Änderung fünf neue Probleme erzeugt.

Wir haben uns zum Beispiel damals entschlossen, das Produkt Hartwachsöl im normalen Entwicklungszyklus zu belassen und das Kunden-Feedback hat uns recht gegeben. Die eingentliche Frage – wenn man z.B. Öko-Test als Maßstab nimmt – ist nämlich: lösemittelhaltiges Hartwachsöl oder lösemittelfrei? Unsere Kunden, die auch viel aus Industrie und Handwerk kommen, wollen auf jeden Fall mit dem lösemittelhaltigen Produkt arbeiten, weil es besser in die Holzoberfläche einziehen kann, Schichtdicken größer 20 micron erlaubt und damit die Haltbarkeit länger ist (es ist eben auch ein Profi-Produkt); und die längere Haltbarkeit ist hier durchaus ein gewichtiges Argument für Nachhaltigkeit. Auch leinölbasierte Hartwachsöle kommen für viele Kunden nicht in Betracht wegen der Vergilbungsneigung und Selbstentzündungsgefahr. Auf der anderen Seite haben wir als Hersteller aber auch genügend Alternativen für die, die trotzdem auf Lösemittel (z.B. unser Holzöl natur oder Industriehartöl als 100%er) oder bestimmte Inhaltsstoffe (z.B. Cobalt, Oxime im Hartwachsöl evolution) verzichten wollen, so dass wir beim Hartwachsöl „classic“ auf eine außerplanmäßige Änderung verzichten.

Wichtig ist uns allerdings, dass Sie verstehen, was wir tun und warum wir es tun, damit unsere Kunden eine bewusste und informierte Entscheidung treffen können. Und wenn Sie Fragen haben, gerne auch zur Produktauswahl für Ihre Bedürfnisse, dann sprechen Sie uns gerne jederzeit an.

Telefonisch unter 08465/1738-0 oder per Mail an labor@pnz.de

Ihr PNZ-Team

Nachtrag von März 2019: gerade haben wir ein Fax von Öko-Test bekommen: von allen unseren Produkten hat man (ausgerechnet) wieder das Hartwachs-Öl ausgewählt und das Ergebnis lautet: wieder wurden PAK gefunden, wieder die gleiche Methodik wie beim letzten Mal. Öko-Test und Hartwachs-Öl werden keine Freunde mehr.

Nachtrag vom 20.05.2019: wir haben im Rahmen unserer externen Produkttests auch die von Öko-Test untersuchte Charge beim Entwicklungs- und Prüflabor Holztechnologie EPH, der anerkannten Kapazität in Sachen Holzuntersuchungen, nachtesten lassen. Ergebnis: die beanstandeten Inhaltsstoffe waren nicht in der Probe enthalten… wir haben Öko-Test mal mit diesen Ergebnissen konfrontiert und werden von der Reaktion berichten.

Noch ein Nachtrag. Vom 30.09.2019: da Öko-Test auf seinem Ergebnis beharrt hat, haben wir das zweite renommierte Institut (intertek) mit einer weiteren Analyse beauftragt. Diesmal mit noch engeren Bestimmungsgrenzen. Ergebnis: keine PAK, und speziell auch kein Naphtalin nachweisbar. Wir sind gespannt, wie man jetzt reagiert… wir hängen den Testbericht mal hier dran.

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